Freitag, 19. Januar 2024

Transatlantik - Part 3

 Tag 14 - 10.1.2024

Traumverhältnisse


Am Morgen dieses Tages beträgt die Reststrecke noch exakt 561sm und ich werde von einem wolkenlosen Himmel geweckt. Gute 5-6 Bft aus ONO und 2-3m Welle lassen den Specht nach Westen rauschen. 
Ich denke drüber nach, dass ich die letzten paar Tage einfach nicht wirklich gut schlafen konnte. Dezenter Kontrast zur ersten Woche. Dennoch fühle ich mich einigermaßen fit. Und angesichts der Restdistanz ist die Motivation somit sehr hoch. 

Um 0824 sichte ich ein zweites Schiff, den Frachter "Asian Empire" (226m). Da seit Beginn des Törns mein AIS transponder immer wieder Probleme hatte, ein GPS Signal zu empfangen, um damit meinen Standort zu ermitteln, beschließe ich kurzerhand den Containerriesen anzufunken, um nachzufragen, ob sie mein Signal wahrehmen. Die Antwort lasst nicht lange auf sich warten man kann mich erkennen. Das gibt Sicherheit. 

Der...

Specht...

pfeift!

Ich Notiere zudem im Logbuch: 
"Wenn die ganze Sache so bleibt -> Ankunft Mo 18.12.2024"

Gedanken zum Tag: 
"Eigentlich sind heute Traumverhältnisse. Stahlblauer Himmel, 25kt Wind und gut sortierte Welle von achtern. Vormittags noch im flow, merke ich am Nachmittag, dass ich ziemlich fertig bin. Die letzten Tage waren anstrengend. Seit den Squalls schlafe ich nichtmehr so gut.
Falle kaum in die REM Phase
Bin vor dem timer wieder munter'
Hole das tagsüber nicht auf. 
Heute viel gedöst, aber nicht wirklich geschlafen. 
Hoffe die Nacht wird besser."

Sargasso-Seegras


Gegen Abend nimmt der Wind etwas ab, denneoch beunruhigt mich ein wenig, dass der Luftdruck über die letzten 8h um 3hPa gefallen ist. Sollte aber nichts dramatisches sein. 

0117: Kurzer Squall bringt massiv Regen. 


Zudem freue ich mich irrsinnig, als mich mein timer aus einem Traum reißt. 
Notiere im Logbuch: 
"REM check - 2h REM besser als 6h dösen"

Tag 15 - 11.1.2024

Endloses Blau

Es stehen noch 444sm auf der Uhr und der Wind frischt auf. Gute 5-6 Windstärken aus ONO.
Leider baut sich wieder eine mühsame Kreuzsee auf. Eine Dünung aus NW, die Passatdünung aus NO und Windwellen aus ONO. 
Dieser Mix lässt den Specht leider 2mal aus dem Ruder laufen. Ich muss etwas die Geschwindigkeit erhöhen, damit, der Windpilot besser agiert. 

Viel Blau

1403: Ich befinde mich nun in meiner finalen Zeitzone, also UTC-4.
1512:  Am Himmel mache ich erste Cirruswolken aus. Die ersten Alarmzeichen einer heranziehenden Warmfront. Ich soll mit meiner Vermutung noch Recht behalten. 
Sonst passiert an dem Tag nicht viel und alles geht seinen gewohnten Gang. 

Um 0115 schmeißt mich eine Welle samt Bettauflage aus der Koje. Auch das abgelegte Steckschot fliegt durchs Cockpit. Etwas verwirrt checke ich dann auch noch das Radar und siehe da, wieder Squalls im Anmarsch. 

Squalls am Radar gut zu erkennen!

0400: Regen, Regen, Regen. Muss den Windpilot auskuppeln, da kaum Wind und denke daran den Motor zu starten. Kaum den Windpiloten hochgeklappt pfeifts mir um die Ohren. Leider aus SO, sodass ich mal vorerst nach NW laufen muss. 

0610: Frontdurchzug mit Böen von 35kt und dazu gesellt sich natürlich Regen.

fasten your seatbelts


 

0644: Die Sonne blinzelt durch die Wolken und die Lage beruhigt sich. Der Wind lässt nach, Regen und Welle bleiben bestehen.

Tag 16 - 12.1.2024

Regen, Sonne und Winddreher wechseln einander ab und ich bin doch wieder mal recht fertig von der Nacht. Am Track möchte man meinen, dass ich total die Orientierung verloren habe, da ja der Windpilot immer zum scheinbaren Wind steuert. 
Werde den heutigen Tag eher in der Horizontalen verbringen. Ich laufe Kurs 270 - dead downwind. 

Auszug aus dem Logbuch: 

"Alter Schwede, wie fertig komma sein. Der heutige Tag ist sehr speziell. Wind, Regen, Sonne wechseln sich ab. Mal Kurs 350, mal 240, so wie der Wind gerade kommt. 
Fahre ja platt vor dem Wind. 
Aber irgendwie is ma des olls Wuascht. 
Ich bin enfach zu kaputt."

Wie schnell Freude und Leid beisammen liegen zeigen die folgenden Zeilen. 
Am Nachmittag hat sich der Wind eingependelt und die Welle gut sortiert. 
Ich bin gerade glücklich. Die Genua ausgebaumt, die Wellen schieben von achtern, kühle Luft + Musik und Kaffee. 
Wetter hat sich wieder beruhigt
Tag 17 - 13.12.2024

Starkwind und Regen verursachen abermals unfeine Verhältniss und der Track sieht auch wieder speziell aus. 
Am Vormittag nehme ich den elektrischen AP in Betrieb, da die schiebenden Wellen zu massiv sind und das Boot immer wieder stark anluvt, wenn wieder eine von schräg achtern andrückt. 
Obwohls nur noch zwei Tage sind, habe ich wieder ein kleines Tief. Der Tag scheint nicht zu vergehen.
Leider komme ich etwas zu weit südlich. Um wieder Höher zu gewinnen und das ohne den Spibaum wegzunehmen , setze ich das Stagsegel und fahre mal für den Nachmittag einen Halbwindkurs gen Norden. Das klappt richtig gut und das Boot ist super ausbalanciert. 

Klapp gut mit dem Stagsegel

Zum Sonnenuntergang stelle ich wieder auf das altbewährte System um und rolle auf das 2te Reff ein. 

etwas gezeichnet

Die Nacht verlauft ganz gut. Eindlich mal kein Squall.
Zudem notiere ich im Logbuch:
"Crazy Dream"
Leider weiß ich nichtmehr was da wohl abgegangen sein muss.  

Tag 18 - 14.1.2024
Endspurt


FINALE - noch 97sm auf der Uhr. 
Ich beschließe schnell das Tempo ziemlich zu drosseln, damit ich nicht mitten in der Nacht ankomme. 
Ich habe ja bereits 3 Tage zuvor beschlossen, nicht zu pushen, sondern das die ganze Geschichte gemütlich zu Ende zu bringen. 
Meine Laune ist im Vergleich zum Vortag ausgezeichnet. Leider fällt wieder mal die Logge aus, aber naja, auch kein Beinbruch.
Daily routine - Positiosupdate 
auf der Papierkarte

Gastland- + Q Flagge 

Am Vormittag widme ich mal ein wenig dem Aufräumen, da sich in den letzten Tagen recht viel Unordnung breit gemacht habe und mir das am Boot richtig auf den Zeiger geht (Ja Mama, ich weiß, zu Hause hat das definitiv nicht so funktioniert). 

Gönne mir ein Bier zum letzten Sonnenuntergang auf See

Alles geht seinen gewohnten Gang und um 2000 beschließe ich wieder den Federnball zu besuchen. 
Ich da habe ich noch 40sm auf der Uhr. Bei meinem Speed von 4kt, sollte sich da wohl noch etwas Schlaf ausgehen, bevors zu nahe an die Küste geht. 

Am Horizont kann ich bereits ein schimmernden Lichtkegel ausmachen. BALD BIN ICH DA. 
Der Federnbal fällt wie erwartet sehr kurz aus, da ich einfach zu aufgeregt bin und die Schaukelei bei der langsamen Fahrt sehr mühsam ist. 

Um 0200 kann ich erste Lichter der Insel feststellen. 
Im Logbuch vermerke ich:
"LANDFALL"

Endlich dämmert es und ich bin bereits dicht unter Land, nur noch 10sm. 

Der letzte Morgen...
...bricht an!
"Flaggenparade"

Ich nehme den Spibaum weg und segle unter Genua bis in die Carlisle Bay. Nach dem Bergen des Segels dreh ich eine Runde rückwärts und siehe da, massiv Seegras verabschiedet sich. 
Herrlich türkisblaues Wasser empfängt mich. 

Anfahrt Carlisle Bay (Barbados)

Um 0800 ist es dann so weit. Der Anker ist auf 5m Wassertiefe gefallen. 
Nach genau 17 Tagen 23h und 30min bin ich auf Barbados angekommen. In meinem Kopf herrscht dezentes Vakuum, kann es überhaupt nicht einordnen. Die zwei  Anlegerbier um 0800 machen es mir da auch nicht leichter, aber die habe ich mir verdient. Danach gehts mal für 3h in die Koje. 

Wohlverdientes Ankerbier

Inklusive Begrüßungskommando 


Fest steht: 
Einer meiner größten Träume ist in Erfüllung gegangen. 
Ich habe den Atlantik auf eigenem Kiel überquert. 




Ein Resümee zu der ganzen Geschichte folgt.


Cheers Woody + Woodpecker 2


















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