Donnerstag, 12. Juni 2025

Pazifik Woche 1

Ungefähre Route


Der Tag ist nun gekommen. Es ist 
Dienstag, der 11. März 2025.

Wie schon bei der Atlantikpassage spielen meine Gedanken und Emotionen verrückt. Ich denke sehr viel darüber nach, was ich noch hätte vorbereiten können, ob das Wetter passt und irgendeine Kraft hält mich im Hafen. Die Leinen loszuwerfen ist der schwierigste Part. Ich telefoniere noch mit Familie und Freunden, das hilft. Zudem gönne ich mir noch eine letzte Pizza, bevor es dann für mindestens einen Monat in den Selbstversorgermodus geht.

Das Wetter sieht gut aus, kaum Gewitter und ein schönes Ostwindband soll mich in Richtung Galapagos befördern. Die Galapagos muss ich aus finanziellen Gründen auslassen. Ein 3-wöchiger Aufenthalt würde mich locker 2500USD kosten und die vielen Auflagen (sauberes Unterwasserschiff, Lebensmittel, Defumigation etc.) machen es zudem uninteressant für mich.

Also dann doch die rund 4100sm bis zu den Marquesas in einem Ruck. Das entspricht etwa der doppelten Distanz der Transatlantikpassage. Es soll somit die bis dato längste Etappe auf See werden, dennoch fühle ich mich was die Zeit anbelangt recht entspannt.

11.03.25 - Tag 1

1330UHR:

Ich löse die Leinen, verabschiede mich mit einer Ehrenrunde im Hafen von meinen neugewonnenen Bekanntschaften und fahre raus auf den Ozean.
Alle Zweifel, Sorgen und sonstige Gedanken sind wie verflogen, als ich die Leinen löse. Ich befinde mich im Hier und Jetzt und fühle mich gut dabei.

Die Genua zuerst an BB gesetzt, baume ich eine Stunde später an Stb aus und eine entspannte Brise trägt mich in Richtung Abend.






Am Menüplan: Nudel mit Ei. Nichts Spektakuläres, aber es schmeckt.
Der Specht sitzt tief im Wasser und fühlt sich träge an. Dennoch rausche ich mit 5,5kt in die erste Nacht, welche wie erwartet stressig wird. Südlich von Punta Mala erreiche ich ein Verkehrstrennungsgebiet. Das bedeutet Schiffsverkehr der Ozeanriesen am laufenden Band. Zudem hat der Wind aufgefrischt und ich rolle die Genua auf das zweite Reff und die starke Strömung lässt ich mit teils über 8kt dahinfliegen.

Schlaf ist Mangelware.

12.03.25 - Tag 2

0712UHR
Ich genieße nach einer eher schlaflosen Nacht meinen Kaffee Cockpit. Ziel ist es in den nächsten Tagen in den Langfahrtrhythmus zu kommen. Ich mache sehr gut Fahrt.
Die Welle ist klein und direkt von achtern.

1200UHR:
Erster Positionsbericht und ETMAL. In dem Fall nicht ganz 24h, sondern 22,5 da ich am Vortag um 1330Uhr abgelegt habe.

POS: 06°21´N Kurs 210°
80°14´W Wind NNO 4-5Bft - Welle <2m

ETMAL (-1,5h) 134sm.

Leider sitzt mir noch die schlaflose Nacht im Nacken. Fühle mich platt und lustlos. Ich zwinge mich zum Essen. Ich kenne dieses Gefühl nun schon und weiß, dass es vorbeigehen wird.

Zu Abendessen gibt es Würste mit Mehrkornbrot. Es steht nach wie vor günstiger Wind und eine vernünftige Welle. Somit sollte dem Schlaf in der Nacht nichts entgegenstehen. Nachdem sich ein erster Rotfußtölpel an meinem Bugkorb breit macht, ich die Lage am AIS checke, entscheide ich mich für ausgedehnte 1h40min Schlafintervalle.

Um 2100UHR lässt der Wind mal komplett aus. Ich rolle die Genua auf Handtuchgröße zusammen und lasse mich treiben. Mein Dieselmanagement sieht vor, solange ich ruhige Verhältnisse habe, lasse ich mich treiben und spare den Sprit für die Passatzone. Sollte dieser dort mal auslassen, bin ich froh, in der unruhigen See Fahrt machen zu können.

Gegen 0300UHR bläst es wieder ordentlich und im 2ten Reff rauscht der Specht wieder dahin. Ich bin bereits jetzt mit meiner Schlafausbeute sehr zufrieden. Das stimmt mich positiv.

13.03.25 - Tag 3

Bin halbwegs ausgeschlafen. Ich merke aber nach wie vor, dass ich noch nicht im Rhythmus bin. Zu unrund, zu unentspannt fühle ich mich noch. "Das wird schon", denke ich mir.

Nachdem Kaffee und Müsli intus sind und der Wind mal wieder in den Keller geht, Packe ich das Leichtwindtuch aus.

Ergebnis: "Spread my Wings" Mit 2 großen Vorsegeln geht es nun platt vor dem Wind, bei rund 7kt Geschwindigkeit über Grund. Nach wie vor hat mich ein guter Strom fest im Griff. :)


Ich wundere mich zum ersten Mal, woher mein recht hoher Stromverbrauch rührt. Gut ich habe ja noch Zeit, das genauer zu beobachten.

1200 UHR:
Nach meiner Position notiere ich ein tolles ETMAL von 138sm. So kann das weitergehen.
Pustekuchen... Um 1840 ist nach mehrstündigem Kampf, die Segel offenzuhaltenendgültig Schluss.
Der Blick auf den Wetterbericht verspricht nichts Gutes. Das schöne Ostwindband hat sich verabschiedet, stattdessen, Flaute! Aiaiaiai.
Ich entscheide mich mal vorerst den Diesel anzuwerfen und bei 1400 Umdrehungen mal dahinzutuckern.
Als sich die See dann komplett beruhigt beschließe ich um 0000Uhr den Motor zu stoppen und die restliche Nacht zu treiben. Ich schlafe wie ein Baby :) Ehrlich gesagt geniese ich die Nacht extrem eine absolut neue Erfahrung für mich. Die See ist so glatt, dass man das Gefühl hat man liegt vor Anker! Ein Traum.

14.03.25 - Tag 4


0630UHR:
Ein tiefes Fauchen reißt mich aus meinem Dämmerzustand. Ich springe raus ins Cockpit und checke die Lage.
EIN WAL. Ja, definitiv ein Wal. Etwas weit weg, aber für mich ein magischer Moment, in der "golden hour" des Sonnenaufgangs so einen Ozeanriesen zu sehen. Die Stimmung ist soooo friedlich. Kein Lüftchen, keine Welle, keine Geräusche, ein Wahnsinn.






Nach dem tollen Start in den Tag gibts wie immer, Kaffee und Müsli und den Wettercheck.

"Geduld du haben musst!". Heute ist es Freitag und erst gegen Dienstag soll sich wieder eine brauchbare Brise einstellen. Dies gilt aber für den Raum Galapagos und bis dahin ist es doch noch ein Stück.
Kurz bevor ich den Motor anwerfe, kommt dann auch noch entspannt eine Meeresschildkröte vorbei.








Mein neues ETMAL beträgt bereits nur noch 97sm.

Gegen Mittag setze ich das Leichtwindtuch an Stb und kann zumindest mit 2,5-3kt, Kurs 210°, segeln.
Der restliche Tag vergeht dann mit einem Mix aus Motorsegeln und gegen Abend beschließe ich wieder in der "Treibmodus" zu wechseln. Zu ruhig ist es. Es ist eine weitere fantastische Nacht. Weniger Welle als am Wörthersee, heller Mondschein und eine große Delfinschule bescheren mit gegen 0400UHR einen weiteren "Magic Moment".

Der Blick auf die AIS Signale zeigt, dass unweit von mir ein weiteres Boot dahin treibt. Nanuka, ein Boot aus Geurnsey wartet nur ein paar Seemeilen westwärts auf Wind.

15.03.25 - Tag 5

Der Blick auf den Track zeigt mir, dass ich in der Nacht gute 5sm in Richtung Panama getrieben bin.... naaaaja. Ich funke mal Nanuka an. Die sind nur 5sm entfernt.
Ich quatsche ein bisschen mit Adam. Er und seine Freundin Olivia haben dasselbe Ziel. Es fühlt sich gut an, dass da jemand ist, dem das gleiche Schicksal ereilt.

Das ETMAL beträgt diesmal stolze 45sm :).
Gesegelte Gesamtdistanz 414sm.


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Auszug aus dem Logbuch:

"Der Tag verläuft ruhig.
Brunch -> Pizzabrote -> sehr gut.
Ich lese ein wenig + Hörbuch
Delfinschule + Tangram legen.
Max. 5kt Wind
Ein Frachter passiert mich in rd 7sm.
Es schaukelt gerade so, dass das Tuch einigemaßen offen bleibt
Ein Vogel hat sich auf der Saling verschanzt.
1633UHR

KLONG! Mit leichter Erschütterung knallt es am Specht. Ich schrecke auf, kann im Kielwasser aber nichts erkennen. Was war das?

Gedanken:
Zum ersten Mal werde ich nachdenklich und ungeduldig. Es sind noch 3600sm. Wird der Diesel reichen? Wird das Wasser reichen? Wie wird es mir gehen, wenn ich den Passat erreiche? N od. S an Galapagos vorbei? Wann soll ich zum Motoren beginnen?






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1700Uhr:
Ich reinige das vollgeschissene Deck. Wie kann ein so kleiner Piepmatz eine solche Sauerei veranstalten.
"Bäm-Flatsch" - Da ereilt mich ein "Streifschuss" am Kopf von meinem gefiederten Freund. Nun habe ich wenigstens einen Grund meine Haare zu waschen.


Die Nacht verläuft ruhig und abermals beginnt das große Treiben.

16.03.25 - Tag 6


Am morgen des 5 Tages beschließe ich in Richtung Nanuka zu motoren. Die beiden sind nur noch 3sm von mir entfernt. Es ist kein hauch von Wind zu vernehmen, auch die Dünung ist quasi nicht vorhanden.
Bei den beiden angekommen, beschließen wir, die Boote aneinander zu hängen. Knapp 2h lang tauschen wir uns aus, sie händigen mir 24l Trinkwasser aus, wir gehen schwimmen und habe einfach eine nette Zeit. Es ist surreal für mich. Da hängt man 500sm offshore zusammen mit einem anderen Boot und die Verhältnisse lasse mich im Glauben, ich sei in einer Bucht in Kroatien. Keine Spur vom offenen Ozean.








Ich fülle meinen Wassertank mit Zusatzflaschen auf. 14l Brauchwasser seit der Abfahrt sind ein sehr guter Wert.

Mittlerweile sind Pizzataschen mein Leibgericht an Bord. Bei rund 1400 Touren tuckere ich weiter gen SW. Ich möchte mich einfach etwas besser positionieren, um nicht den Anschluss an den aufkeimenden Wind zu verpassen. Das Wetter um mich herum wird zusehends labiler.

17.03.25 - Tag 7

Nach der täglichen Morgenroutine räume ich das Deck auf und plötzlich vernehme ich einen dezenten Dieselgeruch im Salon.
Nach dem Öffnen des Bodenbrettes schwappt eine nette Menge Diesel, gemixt mit etwas Wasser und Schmutz in meiner Bilge.
"Ach du Scheiße"






Der Tag steht im Zeichen von räumen, säuber und reparieren. Es braucht gut 4h. bis ich alles wieder einigermaßen sauber und die Inspektionsluke meines Tanks wieder dicht bekomme. Was bleibt, ist ein Geruchserlebnis, wie in Wien Schwechat.
Immer wieder schwappt Diesel aus den versteckten Ecken in Richtung Bilge. Das Reinigungsspiel wiederhole ich gut 3-mal und gegen späten Nachmittag lande ich dann dezent benebelt und mit leichten Kopfschmerzen im Cockpit. Die Tatsache, dass ich mit einem Thunfischfangboot um die Wette fahre, macht die Situation nicht minder stressig. Am Abend gibts dann nur noch Chilli aus der Dose. '

Flaute und Wind wechseln sich ab. Ich motorsegle und schlafe sehr unrund im Cockpit, da es unter Deck einfach zu sehr nach Kraftstoff stinkt.

0300UHR: Der Wind wird etwas beständiger und ich setze das Großsegel dazu. Bei entspanntem Halbwind geht es dann ohne Motor weiter und ich finde dann doch noch eine paar Stündchen Schlaf.

18.03.25

Nach einem Etmal von 76sm am Vortag rettet mir eine beständige Brise und ein guter am Wind Kurs ein weiteres Etmal von 79sm. Ich freue mich gerade irrsinnig. Bei kaum Welle zieht der Specht hart am Wind seine Spur.




Ein weiterer Schock folgt. Das Klo ist überflutet. Ich habe klassisch vergessen, das Seeventil zu schließen und so schwappt eine gehörige Menge Seewasser im WC Raum und mittlerweile auch in der Bilge. Gott sei Dank nehme ich das mit dem Nachspülen sehr genau und so sind keinerlei Exkremente auszumachen. Ich habe ja sonst nichts zu tun, also bringe ich das auch noch in Ordnung.


Gegen Nachmittag wird der Schwell spürbar stärker. Mit jeweils Reff 1 geht es in die Nacht. Das Boot ist einigermaßen getrimmt, sodass der Windpilot gut arbeiten kann. Leider macht mich das Knarzen des Genuafalls komplett irre, weshalb der Schlaf so semi ausfällt.




Pazifik Woche 1

Ungefähre Route Der Tag ist nun gekommen. Es ist  Dienstag,  der 11. März 2025. Wie schon bei der Atlantikpassage spielen meine Gedanken und...